Seit über 125 Jahren bauen die Orgelbauer vom Rhein hochwertige Konzert- und Kirchen-Orgeln. Weltweit sind Klais-Instrumente gefragt.
Sie stehen im Kölner Dom ebenso wie in Peking, Kuala Lumpur oder Auckland: Orgeln der Firma Klais sind weltweit gefragt (Euromax).
Um 10 Uhr ging es über die B9 mit dem Bus der Firma Garske auf kürzestem Wege nach Bonn-Castell. Unterwegs wurde noch ein kurzer Halt für eine Frühstückspause eingeschoben. Der Vereinsvorstand hatte für Kaffee und Frikadellenbrötchen gesorgt.
Trotz dieser Pause war man pünktlich zum verabredeten Zeitpunkt an der Werkseinfahrt des Orgelbauers.
Am Werkstor traf man auf Herrn Philipp Klais, der sich die Zeit für einen kurzen Plausch nahm, bis Dr. Theobald, der Leiter der Orgelrestaurierung die Gruppe für die Werkstattführung in Empfang nahm.
Die Führung startete im Holzlager, wo hauptsächlich Eichenholz aus Spessart und Odenwald über mehrere Jahre abgelagert werden. Hochwertiges Holz ist ein wichtiger Werkstoff für den Orgelbau, ganz egal ob es für das Gehäuse, die "Windversorgung" oder die Holzpfeifen verwendet wird.
Vom Holzlager gelangt schnell in den Holzzuschnitt, wo die Bretter zugeschnitten und gehobelt werden. Weiter geht es in die Tischlerwerkstatt. Hier wird schnell klar, dass Orgelbau zu einem großen Teil aus Schreinerarbeiten besteht. Heutzutage hat man dafür natürlich viele moderne Maschinen, die die Holzbearbeitung vereinfachen.
Bei Restaurierungen wird auf alte Techniken zurückgegriffen, die zur Zeit der Erbauung Verwendung fanden. So wird für die Restaurierung einer alten Orgel auch Kiefernholz verwendet. Durch seinen hohen Harzanteil lässt es sich gut mit vielen Bohrungen versehen, ohne dass Risse entstehen. Jede dieser Bohrung nimmt später ein Pfeifenventil auf.
Anhand eines Gesellenstückes erläutert Dr. Theobald die Funktionsweise einer Orgel, wie man sie bereits in der griechischen Antike kannte. Im Gegensatz beispielsweise zu einer Blockflöte, kann eine Orgelpfeife immer nur einen Ton erzeugen. So benötigt man für jeden Ton der Tonleiter eine Pfeife. Eine Klanggruppe, d. h. Pfeifen mit ähnlichem Klang, die mehrere Oktaven umspannen, nennt man Register. Über einen Hebel können diese Register zu- und abgeschaltet werden. Drückt man eine Taste, so wird über ein Gestänge das Pfeifenventil geöffnet: Luft strömt in eine Pfeife und erzeugt den gewünschten Ton. Genau wie in diesem Modell funktionieren die meisten Orgeln auf der Welt - nur das bei großen Orgeln die Wege von der Taste bis zum Pfeifenventil viele Meter betragen können. Orgeln dieser Bauart bezeichnet man als mechanisch angesteuerte Orgeln. Darüber hinaus können die Ventile aber auch pneumatisch angesteuert werden: hier wird das Ventil durch eine Druckluftleitung geöffnet. Oder die Ansteuerung erfolgt elektrisch: hier wird das Ventil durch einen Elektromagneten geöffnet.
Weiter geht es in die Pfeifen-Werkstatt. Hier werden nicht nur die Pfeifen hergestellt, sondern auch das Zinnblech, aus dem die Metallpfeifen bestehen. Im Keller ist dafür eigens eine Gießerei eingerichtet.
Das geschmolzene Zinn wird mit anderen Metallen gemischt. Diese Legierung wird dann mit einem Schlitten über einen langen Tisch ausgezogen. Es entsteht ein Blech, das nach dem Erkalten durch Fräsen, die richtige Materialstärke erhält. Schließlich wird es zu Pfeifenrohren geformt und verlötet. Da jede Pfeife ein Unikat ist, erfolgt jeder Bearbeitungsschritt in Handarbeit.
Die kleinsten messen nur wenige Zentimeter, die größten mehrere Meter. Die so hergestellten Pfeifen werden in einer Halle probeweise aufgebaut und anschließend verpackt und versandfertig gemacht. Man ist erstaunt, an wie vielen Projekten gleichzeitig gearbeitet wird: "Hier sind die Pfeifen für Würzburg, die da drüben gehen nach Lima!" erklärt Dr. Theobald mit gleichermaßen verschmitztem, wie auch stolzem Gesichtsausdruck.
In den nächsten Werkstatträumen werden die Orgelgehäuse hergestellt. Neben Restaurierungen ist natürlich der Neubau von Orgeln ein wichtiger Geschäftszweig. Nicht nur in Übersee schätzt man die Orgeln aus dem Rheinland, sondern auch im hohen Norden unseres Heimatlandes. Klais hat den Auftrag für die neue Konzertsaalorgel der Elbphilharmonie in Hamburg erhalten.
Hier kann man schon Gehäuseteile der später mehrstöckigen Orgel sehen. Überall hängen Baupläne an der Wand. Bei so großen Orgeln ist eine genaue Planung wichtig. Die einzelnen Elemente müssen so gefertigt werden, dass sie auf einen LKW passen und am Zielort durch die Eingänge des zukünftigen Aufstellungsortes.
Da hilft natürlich moderne Computertechnik. Im bestens ausgestatteten Planungsbüro liegen natürlich auch die Pläne, soweit noch vorhanden, der Weißenthurmer Orgel. Bei einem Bombenangriff während des zweiten Weltkrieges sind bedauerlicherweise viele Archivakten mit Plänen einem Brand zum Opfer gefallen.
Und das nicht nur rein äußerlich! Die Herseler Orgel wird nun wieder pneumatisch angesteuert, wie auch urprünglich die Weißenthurmer. Bei dieser Innovation des ausgehenden 19. Jahrhunderts ist jedes einzelne Pfeifenventil durch eine Druckluftleitung mit dem Spieltisch verbunden. Durch Betätigen einer Taste strömt Druckluft in die Leitung, die dann das Ventil öffnet. Diese Bauweise eröffnete ganz neue Möglichkeiten bei der Gestaltung und räumlichen Aufteilung des Orgelgehäuses und der Pfeifen, bzw. der Register darin. Dr. Theobald, der auch Organist ist, zeigte den Besuchern die klanglichen Möglichkeiten, die durchaus vergleichbar mit der, der Weißenthurmer Orgel wären.
Dann ging es weiter nach Köln-Rondorf. In dieser modernen protestantischen Emmanuel-Kirche stehen sich sozusagen zwei Orgeltypen gegenüber. Auf der einen Seite eine Barockorgel, gebaut im Jahre 1743 vom Elberfelder Orgelbauer Jacob Engelbert Teschemacher für den Betsaal der reformierten Gemeinde in Grefrath - und auf der anderen Seite eine romantische Orgel von etwa 1879 aus der Werkstatt von Friedrich Gerhardt, Merseburg, gebaut für die Erlöserkirche in Bonn-Bad Godesberg. Hier kann man hören, wie sehr sich doch diese beiden Klangideale unterscheiden. Die romantische Orgel füllte den den Raum spielend leicht mit ihrem schönen wuchtigem Klang. Ein völliger Kontrast war dagegen die barocke Orgel. Diese füllt ebenfalls mühelos den Raum, obwohl dieses Instrument nicht viel größer als ein Kleiderschrank ist. Aber die Klänge waren klar, brillant und schienen förmlich zu strahlen. Den Besuchern wurde schnell klar, dass es sich bei barocken und romantischen Orgeln um zwei völlig gegensätzliche Klangwelten handelt.
Der Umbau der Weißenthurmer Orgel ging nicht nur deshalb so daneben, weil man die oben erwähnte pneumatische Ansteuerung in eine elektrische umbaute, sondern auch weil man versuchte diese beiden doch so verschiedenen Klangideale zu verbinden. Das musste schief gehen, genauso wie man aus einem LKW keinen Sportwagen machen kann oder aus einem Ferrari keinen Linienbus. Bei der geplanten Restaurierung, würde die Weißenthurmer Orgel in ihren ursprünglichen Zustand von 1910 im romantischen Klangideal zurückgeführt. Die in den 1970er Jahren hinzugefügten barocken Register würden wieder entfernt.
Anschaulich und spannend waren die Ausführungen von Pfarrer Dr. Thomas Hübner, der sich wie kein anderer für die fachgerechte Restaurierung dieser beiden Orgeln durch die Firma Klais eingesetzt hat. Innerhalb kürzester Zeit hatte er jeweils die nötigen Spendengelder beisammen.
Leider wurde es nun wieder Zeit für die Heimfahrt, man hätte gerne noch den Klängen der beiden Instrumente gelauscht. Nach der Rückkehr in Weißenthurm, ließen einige Teilnehmer den Tag noch gemütlich im Bistro AGA ausklingen.
Ein großes Dankeschön an Dr. Wolfgang Theobald für die Organisation und Ausführung dieser faszinierenden wie unterhaltsamen Führungen, an die Gemeinde St. Aegidius in Borhnheim-Hersel sowie Pfarrer Dr. Thomas Hübner der Emmanuelgemeinde in Köln-Rondorf. Danke auch an Thomas Oster, unseren tollen Busfahrer.